Bassum – Die Weihnachtsfeiertage im Krankenhaus verbringen zu müssen,das ist für viele Menschen keine schöne Vorstellung. Eine Vorstellung, die oftmals mit einem Besuch der Zentralen Notaufnahme (ZNA) beginnt, um ein akutes Leiden untersuchen zu lassen. Und wie in so vielen Notaufnahmen ist auch in der ZNA des Krankenhauses in Bassum dieser Tage wenig Zeit für Besinnlichkeit.
Denn die derzeit grassierende Krankheitswelle sorgt nicht nur für größeren Zulauf an Patienten, sondern auch für Engpässe beim medizinischen Personal. Das verursacht selbst bei einem erfahrenen Mediziner wie Dr.Baha Al-Sabbagh Stirnrunzeln. „Dieses Jahr ist sehr extrem. Ich mache das schon lange, aber so etwas habe ich noch nicht erlebt.“ Der 46-jährige Chefarzt ist seit diesem Sommer Leiter der ZNA im Krankenhaus Bassum,war zuvor vier Jahre lang Chefarzt der ZNA des Krankenhauses in Wilhelmshaven. Er ist Facharzt für Herzchirurgie, Intensivmedizin,Notfallmedizin und akute klinische Notfallmedizin, hat in insgesamt 31 Krankenhäusern als Vertretungsarzt gearbeitet.
Der hohe Krankenstand beim Pflegepersonal sorge dafür, dass die Notaufnahme regelmäßig an ihren Kapazitätsgrenzen arbeitet, sich oftmals sogar abmelden muss. Das bedeutet: Neue Patienten werden für die Dauer der Abmeldung auf andere Krankenhäuser umgeleitet und nur bei hoher Dringlichkeit auf der abgemeldeten Station aufgenommen.
Und der Abmeldestand betrifft nicht nur Bassum: „Wir haben kürzlich einen Patienten umverlegen wollen, aber im Umkreis von 80 Kilometern war alles abgemeldet“, verdeutlicht Al-Sabbagh die derzeitige Situation. Am Vortag des Gesprächs mit der Kreiszeitung habe die Bassumer ZNA, trotz Abmeldung, innerhalb kurzer Zeit drei Notfallpatienten als sogenannte Zwangszuweisung aufnehmen müssen, die per Rettungswagen angeliefert worden seien. Doch trotz der derzeit für das medizinische Personal hohen Belastung würden Patienten weiterhin eine gute Versorgung erhalten, auch über die Feiertage,wie Klinik-Sprecherin Rieke Schlamann auf Nachfrage betont.
Derzeit kommen laut dem Chefarzt grassierende Atemwegserkrankungen zu den üblichen Beschwerden hinzu, wegen derer Menschen die ZNA aufsuchen. Da viele von ihnen mit Überweisung vorstellig würden, wisse der Patient in den meisten Fällen bereits, dass ihm ein Krankenhausaufenthalt über die Feiertage bevorsteht – einer Zeit, während der sich die Stationen inder Regel eher leeren würden, so Dr. Baha Al-Sabbagh. „Manche sind nicht begeistert“, weiß er, „aber manche auch dankbar, dass ihnen geholfen wird.“
Einen nicht ganz leichten Job hat auch Schwester Tanja. Sie ist als stellvertretende Stationsleitung in die Erstellung der Dienstpläne involviert. Die Dienste über Weihnachten und Silvester seien nicht gerade begehrt, „aber wir kriegen das schon hin, weil wir ein super Team sind“. Sie nickt Schwester Claudia und Schwester Julia zu, die an diesem Vormittag mit ihr zusammen Dienst haben.
Es ist ein ruhiger Tag bis zu diesem Zeitpunkt – ungewöhnlich in der aktuellen Situation, wie Al-Sabbagh sagt. Bis hierhin seien Rückenschmerzen, ein Sturz, eine allergische Reaktion, Bauchschmerzen und ein Covid-Fall die Gründe für den ZNA-Besuch gewesen. Zeit, um auch mal in Weihnachtsstimmung zu kommen? Das passiere eher nach Feierabend zu Hause, „wenn ich den Baum anschaue“, erklärt Schwester Claudia und lächelt. Dennoch steht im ZNA-Flur ein Rollwagen mit weihnachtlich gefüllten kleinen Körbchen – ein laut Schwester Claudia „kleiner Gruß auf dem Tablett“.
In den vergangenen Tagen habe das Personal allerdings kaum Gelegenheit für Weihnachtsstimmung gehabt. „Es sind alle am Limit“, sagt SchwesterTanja und erntet zustimmendes Nicken ihrer Kolleginnen. Zumal viele Patienten eher den Weg in die Notaufnahme wählen, statt ihren Hausarzt oder den hausärztlichen Bereitschaftsdienst aufzusuchen. Und dann kommen laut Schwester Claudia oftmals eine hohe Anspruchshaltung und wenig Geduld hinzu – „eine schlechte Kombination“.
Daher seien es die kleinen Dinge, die das Personal auch in dieser besonders stressigen Weihnachtszeit freut. „Ich persönlich freue mich immer über ein Danke“, verrät Schwester Claudia. Und Dr. Baha Al-Sabbagh sieht auch den Lichtstreifen am Ende es Horizonts: „Erfahrungsgemäß bleibt es bis Anfang des Jahres anstrengend. Ab dann wird es besser.“ Auch wenn er mit einem Blick auf seine Uhr damit rechnet, dass der stressige Teil der aktuellen Schicht noch bevorsteht: „Gleich kommen die Patienten, die von ihren Hausärzten zur weiteren Diagnostik ins Krankenhaus geschickt werden.“
Dieser Artikel ist am 29. Dezember 2023 in der Kreiszeitung erschienen.
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