Ganz neue Strukturen für Pflege

Generalistische Ausbildung verändert Praxis   - Betriebe erhalten neue Rolle

Landkreis Diepholz – Sie sehen ihre berufliche Zukunft in der Kranken-, Alten- oder Kinderkrankenpflege: Rund 300 Schüler bereiten sich zurzeit im Pflegekompetenzzentrum in Syke in unterschiedlichsten Bildungsgängen auf den Abschluss ihrer Ausbildung vor – als Schüler der BBS Europaschule oder der Krankenpflegeschule der Kliniken im Landkreis Diepholz. 2022, oder in Ausnahmefällen 2024, werden alle ihre Ausbildung beendet haben.

 

Die Direktoren Horst Burghardt (BBS Europaschule) und Bernd Pache (Krankenpflegeschule der Kliniken im Landkreis Diepholz) stehen jetzt vor dem Beginn eines ganz neuen Zeitalters. Denn mit Einführung der generalistischen Pflegeausbildung (sie gilt seit Jahresbeginn) ändern sich die Strukturen. Im Pflegekompetenzzentrum werden künftig staatlich geprüfte Pflegefachfrauen und Pflegefachmänner ausgebildet. Deren Ausbildungsbetriebe – Kliniken, Seniorenheime oder ambulante Pflegedienste – bekommen eine neue Funktion: „Jetzt müssen sich die Betriebe an die Schule wenden“, erläutert Horst Burghardt die neue Dynamik.

Bernd Pache nennt ein konkretes Beispiel: Bewirbt sich ein Schüler in einem Seniorenheim, schließen beide einen Ausbildungsvertrag. Genau der muss nun aber auch von der Schule unterzeichnet werden, die den Auszubildenden die Theorie vermittelt. Die beiden Direktoren sind überzeugt: Die Ausbildung lohnt sich für die Betriebe – nicht nur personell, sondern auch finanziell. Der Hintergrund: „Jeder Betrieb muss in den Pflegeausbildungsfonds einzahlen. Bildet ein Betrieb aus, bekommt er aus diesem Fonds Geld zurück.“ Deshalb müsse jeder Betrieb ein Interesse haben, Nachwuchskräfte auszubilden: „Sonst muss er nur zahlen.“

Die Partner im Pflegekompetenzzentrum beginnen bewusst zeitlich versetzt mit den Angeboten in der generalistischen Pflegeausbildung. Dafür gibt es ein gemeinsames schulisches Curriculum. Zum 1. April sollen 25 Plätze der Krankenpflegeschule besetzt werden, dafür liegen bereits 14 Anmeldungen vor. Bis zu 50 Plätze könnten vergeben werden.

Die Krankenpflegeschule arbeitet künftig deutlich enger als bisher mit der BBS Europaschule zusammen, die am 1. August mit ihrem neuen Angebot startet und im Pflegekompetenzzentrum bereits einen ganzen Strauß an Pflege-Ausbildungsmöglichkeiten anbietet: die Fachoberschule Gesundheit und Pflege, die zweijährige Berufsfachschule Pflege sowie die einjährige Berufsfachschule Hauswirtschaft mit dem Schwerpunkt persönliche Assistenz. Hinzu kommt die Berufsorientierung als Brücke zu den allgemeinbildenden Schulen: Über einen Zeitraum von sechs Wochen lernen deren Schüler jeweils an einem Schultag pro Woche kennen, welche Aufgaben zum Pflegeberuf gehören.

Wer sich für die neue Pflegeausbildung entscheidet, bekommt im praktischen Bereich breit gefächerte Kenntnisse vermittelt. Denn die angehenden Pflegefachfrauen und Pflegefachmänner lernen den Alltag sowohl in einer Klinik als auch in der stationären Langzeitpflege, im ambulanten und im pädiatrischen Bereich, also in der Kinderkrankenpflege, kennen. Neben Fachwissen hat auch die Allgemeinbildung ihren Stellenwert. „Dafür haben wir sehr gute Startvoraussetzungen“, so Horst Burghardt und Bernd Pache. Denn der künftig geforderte Unterricht in Deutsch, Englisch, Religion und Politik lässt sich über die BBS Europaschule problemlos abdecken. Und: Für Auszubildende in der Pflege, die ihre Prüfung nicht bestehen, könnte das BBS-Angebot der Pflegeassistenz eine Option sein. Allerdings dürfte das nur für wenige interessant sein: 99 Prozent bestehen ihren Abschluss, so Bernd Pache.

Im übrigen gibt es eine weitere Möglichkeit im Landkreis Diepholz, eine Pflegeausbildung zu absolvieren. Das Berufsbildungszentrum Dr. Jürgen Ulderup bietet ab August an seinem Standort Sulingen ebenso die generalistische Ausbildung an.

Artikel erschienen in der Kreiszeitung am 12.02.2020, von: Anke Seidel

So läuft die Arbeit in einem Stationszimmer: (v.l.) Sebastian Rathering mit den Schulleitern Bernd Pache und Horst Burghardt sowie Leon Hollerberg, Anna Alashvili und Natalie Mechelhoff im Pflegekompetenzzentrum. Foto: Jantje Ehlers