Ob dieser Pläne ist Uwe Schröder aus Weyhe in großer Sorge: „Es betrifft alle Mitbürger in der Gesundheitsvorsorge in unmittelbarer Nachbarschaft zu Bremen.“ Denn dorthin überweisen Fach- und Hausärzte auch aus dem Landkreis bisher Patienten. Auch solche aus dem Rettungsdienst werden dort versorgt. Deshalb befürchtet der Uwe Schröder eine Versorgungslücke. Können die kreiseigenen Kliniken sie schließen? Verbessert die neue Zentralklinik die Lage?
„Das LdW soll noch bis Januar 2028 vollumfänglich betrieben werden“, so Uwe Lorenz, Geschäftsführer des Klinikverbunds Landkreis Diepholz – und betont: „In 2028 wollen wir das Zentralklinikum in Twistringen-Borwede eröffnen. Patienten aus dem nördlichen Landkreisgebiet wird also eine echte Alternative in einem ganz neuen und modernen Krankenhaus angeboten werden.“ Das Zentralklinikum werde neben der Inneren Medizin mit den Spezialisierungen Kardiologie, Gastroenterologie und Geriatrie sowie Allgemein- und Viszeralchirurgie sowie Unfallchirurgie vieles aus dem heutigen Leistungsspektrum des LdW anbieten.
„Dazu kommen dann endlich wieder eine Geburtshilfe – mit drei Kreißsälen –und noch einiges mehr wie zum Beispiel Urologie, Schmerztherapie und Palliativmedizin“, so Uwe Lorenz. „Wir gehen davon aus, dass wir damit Patienten aus dem weiteren Umfeld für unser neues Krankenhaus begeistern können, und damit auch aus Syke, Stuhr und Kirchweyhe.“ Wenn von dort 16 Prozent der Patienten des LdW kämen, wären das etwa 3 200 stationäre Fälle pro Jahr.
Grundsätzlich gebe es ja nach der Schließung des LdW immer noch drei Geno-Kliniken und die vier „freien Kliniken“ in Bremen. Dazu kämen diverse Krankenhäuser im Umland. „Es wird aber abzuwarten sein, welche Veränderungen die anstehende Krankenhausreform mit sich bringen wird“, so Uwe Lorenz.
Dr. Christoph Lanzendörfer, Sprecher der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) für den Nordkreis Diepholz, verweist auf das – einstimmig beschlossene –Niedersächsische Krankenhausgesetz. In Paragraf eins sei festgeschrieben,dass die Landkreise ihre Krankenhausversorgung im Rahmen der Daseinsvorsorge in ihrem eigenen Wirkungskreis zu gestalten haben. „Bewusst theoretisch betrachtet, dürfte uns die Schließung des LdW in Bremen also garnicht interessieren.“ Praktisch versorge das Bremer Klinikum aber mindestens 3 200 Patienten aus dem Nordkreis. „Profitieren wird meiner Meinung nach das sehr gut aufgestellte Krankenhaus in Delmenhorst“, so Dr. Lanzendörfer. Für Patienten aus den angrenzenden Ortsteilen von Stuhr sei das optimal.
Aber laut Krankenhausgesetz sei es Aufgabe des Landkreises, die Versorgung all dieser mindestens 3 200 Patienten sicherzustellen: „Der Landkreis muss sehen, dass diese Menschen formell untergebracht werden.“ Die neue Zentralklinik sei aber auf den Status quo ausgerichtet: „Wir verändern unsere Bettenzahl ja nicht.“ Würden besagte Patienten mit im Schnitt je fünf Krankenhaustagen dazu kommen, wären das zusätzlich mindestens 16 000 Krankenhaustage: „Wie die mit den derzeitigen Planungen aufgefangen werden sollen, weiß ich nicht.“ Deshalb sollte der Landkreis die Kapazitäten, dieer derzeit ja noch habe, nicht ganz aufgeben, rät der KV-Sprecher mit Blick auf die drei bisherigen Krankenhäuser: „Wir haben genug Kapazitäten, die im Notfall genutzt werden könnten.“ Das könne auch mithilfe digitaler Versorgungsmöglichkeiten geschehen, wie sie in Paragraf zwei des Krankenhausgesetzes ausdrücklich genannt seien.
Was bedeutet die LdW-Schließung für den Rettungsdienst im Landkreis? „Im Moment ist es für diese Frage noch zu früh“, so Klaus Speckmann, Leiter des Landkreis-Fachdienstes Bevölkerungsschutz. Grundsätzlich stellt er fest: Die Nähe zwischen Stuhr und Weyhe zum Klinikum LdW sei aus Sicht des Rettungsdienstes „nicht der Regelfall“. Auch wenn die Bürger in den Einzugsbereichen der Kliniken in Diepholz, Sulingen und Bassum natürlich ebenfalls kurze Wege hätten: In Bruchhausen-Vilsen zum Beispiel sei das ganz anders.Selbstverständlich seien bei jedem Notfall so kurze Transportwege wie möglich das Ziel. Durch den Einsatz von Notfallsanitätern – sie haben erweiterte Kompetenzen – hätten sich die Behandlungsmöglichkeiten während der Fahrt verbessert.
Außerdem sei Nachbarschaftshilfe seit Jahren selbstverständlich: „Das läuftproblemlos“, so Klaus Speckmann. Rettungsfahrzeuge aus Bremen oder Vechta zum Beispiel würden bei Bedarf im Landkreis Diepholz unterstützen –und umgekehrt. Weil sich Unglücksfälle weder örtlich noch zeitlich gleichmäßig verteilen, sorgen die Disponenten in der Einsatz- und Rettungsleitstellevor. Haben sie für einen Notfall zwei Rettungswagen in gleicher Nähe, achten sie bei der Auswahl darauf, dass flächendeckend noch genügend freie Rettungsfahrzeuge zur Verfügung bleiben. Klaus Speckmann erinnert ebenso andas Pilotprojekt Gemeindenotfallsanitäter. Sie könnten den Rettungsdienstin leichteren, nicht lebensbedrohenden Fällen entlasten. Ob und wann sie in Niedersachsen eingesetzt werden, entscheidet das Land.
Der Artikel ist am 08.09.2023 in der Kreiszeitung erschienen.