Lachende Frau auf Treppe mit Zeitung in der Hand

Null Euro für Sulinger Pflegekräfte - Frust im Kreishaus und im Klinikverbund - Landrat will intervenieren

Sulingen

LandkreisDiepholz – Die Sonderzahlung für Pflegekräfte in der Corona-Krise sorgt für Frust im Landkreis Diepholz. Wie am Mittwoch schon kurz berichtet, erhalten nur Beschäftigte an den Kliniken in Bassum und Diepholz Geld aus diesem Topf. Mitarbeiter der Klinik in Sulingen gehen leer aus. „Das ist nicht zu verstehen“, ist Landrat Cord Bockhop entsetzt. „Das ist demotivierend.“ Seine Botschaft an die Pflegekräfte, die keine Sonderprämie erhalten: „Ich werde alles dafür tun, dass diejenigen, die in Berlin etwas vollmundig versprochen haben, auch zu ihrem Wort stehen.“

Harald Schardelmann ist als Vorsitzender des Konzern- Betriebsrats im Klinikverbund Landkreis Diepholz, sprich als Vertreter der Mitarbeiter aller drei Kliniken und der Beschäftigungsgesellschaft Levare, genauso enttäuscht. „Wir haben den Gesetzesentwurf immer kritisiert.“ Bei der Auszahlung der Sonderprämien muss Einvernehmen zwischen Geschäftsführung und Konzern-Betriebsrat erreicht werden, das fordert der Gesetzgeber ausdrücklich ein. Zuständig für diese Sonderprämie ist das Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus, kurz Inek – eine Gesellschaft mit rund 50 Mitarbeitern in Siegburg. Sie handeln nach den
Vorgaben des Krankenhausfinanzierungsgesetzes.
Anspruch auf eine Sonderleistung haben demnach Krankenhäuser, die im Zeitraum vom 1. Januar bis 31. Mai „durch die voll- oder teilstationäre Behandlung von mit dem Coronavirus infizierten Patientinnen und Patienten besonders belastet waren“, erläutert das Inek. Es hat für die Klinik Bassum einen Betrag von exakt 119795,99 Euro errechnet. Die Klinik Diepholz erhält 62889,79 Euro. „Eine pauschale Prämie wäre wesentlich besser gewesen“, so Harald Schardelmann, der gerne alle drei Kliniken bedacht hätte. Warum? „Weil im Prinzip jeder diesen Druck und den Stress gehabt hat“, unterstreicht er mit Blick auf die
coronabedingte Ausnahme-Situation im Alltag aller drei Kliniken – und er gibt zu bedenken: „Es ist ja noch nicht vorbei!“
Besonders am Herzen liegt dem Konzern- Betriebsratsvorsitzenden, dass auch die Mitarbeiter der Beschäftigungsgesellschaft Levare bei der Sonderzahlung berücksichtigt werden. Denn über diese Gesellschaft sind die Reinigungskräfte und die Mitarbeiter der Essensausgabe beschäftigt. Auch sie hätten zwangsläufig Kontakt zu Corona- Patienten. Grundsätzlich gilt: Wer in der Betreuung besonders belastet war und wer konkret wie viel Anspruch auf wie viel Geld hat, muss genau geprüft werden.
Die Mitarbeiter der Verwaltung im Klinikverbund arbeiten mit Hochdruck daran. Schließlich beschäftigt der Klinikverbund rund 1100 Mitarbeiter – davon rund 500 in Bassum und jeweils 300 in Sulingen und Diepholz.
„Wir wollen das Geld bis Ende Dezember auszahlen“, so Uwe Lorenz als Geschäftsführer des Klinikverbunds. Für die Berechnung hat der Gesetzgeber strikte Kriterien erlassen.
Dass genau die exakt eingehalten worden sind, soll später eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft kontrollieren. „Wenn wir Geld falsch ausgezahlt haben, müssen wir es zurückzahlen“, so der Geschäftsführer.
Harald Schardelmann hofft, „dass die Enttäuschung bei dem einen oder anderen nicht zu groß ist“. In deutlichen Worten kritisiert er das, was den drei Kliniken schon bei den Ausgleichszahlungen (siehe Bericht vom Mittwoch) zum Verhängnis geworden war: „Wir werden immer noch als drei Krankenhäuser gesehen.“
Wie steht der Konzern-Betriebsratsvorsitzende zur Zentralklinik? „Davon werden die Patienten sicherlich profitieren. Das ist unbestreitbar“, antwortet Harald Schardelmann. Eine Zentralklinik hätte nicht nur einen
Anspruch auf besagte Ausgleichszahlung, wie Landrat Cord Bockhop und Klinikverbund-Geschäftsführer Uwe Lorenz schon betont hatten. „Die Verknüpfung der Fachabteilungen ist das große Plus“, beschreibt Harald Schardelmann einen weiteren wichtigen Vorteil. Denn lange Wege, wie sie jetzt durch die dezentralen Standorte vorherrschen, entfallen.
„Gerade bei Patienten mit Mehrfacherkrankungen können die Fachabteilungen in einem Haus viel besser zusammenarbeiten“, betont der Vorsitzende des Konzern- Betriebsrats.
Bis zur Eröffnung der Zentralklinik in geplant sieben Jahren will der Konzern-Betriebsrat ein Verkehrskonzept unter Einbeziehung des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) erarbeiten, „damit die Mitarbeiter im Klinikverbund einigermaßen vernünftig ihren Arbeitsplatz erreichen können“.

 

Artikel erschienen in der Kreiszeitung am Donnerstag, den 19. November 2020, von Anke Seidel

Die Sulinger Pflegekräfte schauen in die Röhre - zumindest beim Coronabonus. Foto: Stephanie Pilick/dpa