Zwei Rettungswachen gewährleisten hier vorrangig die medizinische Notfallversorgung, die vom DRK-Kreisverband Diepholz betriebene in Sulingen sowie die der Rettungsdienst Landkreis Diepholz GmbH, einer Tochtergesellschaft des Landkreises, in Wehrbleck. Bei Bedarf unterstützen benachbarte Rettungswachen, etwa die in Bruchhausen-Vilsen, Drentwede, Bassum oder Rehden, mit ihren Fahrzeugen. Für die Wachen ändern sich die Fahrtstrecken und unter Umständen auch die Fahrtzeiten, wenn statt der Kliniken in Bassum, Diepholz und Sulingen die geplante Zentralklinik angefahren wird – aber ändert sich dadurch auch die Versorgung der Patienten?
Orientierung an Einhaltung der Hilfsfrist
Auf Anfrage unserer Zeitung antwortet Mareike Rein, Pressesprecherin des Landkreises Diepholz: „In der derzeitigen Planungsphase für eine Zentralklinik sind die Auswirkungen auf den Rettungsdienst überschaubar.“ Das resultiere vor allem daraus, dass die Standorte der neuen Rettungswachen in Stuhr, Hüde und eventuell Wagenfeld-Ströhen auf das letzte Bedarfs-Gutachten zum Rettungsdienst zurückzuführen seien, welches die Grundlage des aktuellen Bedarfsplanes sei. Das Gutachten orientiere sich nicht am Standort eines Krankenhauses, sondern an der Einhaltung der Hilfsfrist, wobei der Weg von der jeweiligen Rettungswache zu den Patienten primär entscheidend sei, damit möglichst schnell an Ort und Stelle geholfen werden kann. Das Rettungsdienstgesetz sehe vor, dass die erforderlichen medizinischen Maßnahmen bereits am Einsatzort durchgeführt werden, wobei gegebenenfalls vor Ort auch ein Notarzt tätig werde. Die Länge der anschließenden Fahrtstrecke zum nächsten geeigneten Krankenhaus sei für die Versorgung der
Patienten grundsätzlich von geringerer Bedeutung, „daher sind die Standorte der Rettungswachen weiterhin sinnvoll und bedarfsgerecht.“
Die Strecke zu den Patienten ist das eine, das andere ist der Weg
zurück zur jeweiligen Rettungswache, um wieder Einsatzbereitschaft herstellen zu können. Dazu formuliert Mareike Rein: „Inwieweit sich bei Veränderungen der Transportwege und damit der Transportzeiten in Hinblick auf die neue Zentralklinik Veränderungen ergeben, kann derzeit noch nicht eingeschätzt werden, weil dies von vielen Faktoren abhängig ist.“ Die Entwicklung des Rettungsdienstes werde der Landkreis, wie auch in den vergangenen Jahren, weiterhin regelmäßig beobachten und eventuell notwendige Änderungen rechtzeitig in die politische Beratung einbringen.
Für den DRK-Kreisverband Diepholz teilte Axel Vetter auf Anfrage der Redaktion mit, dass er sich derzeit nicht dazu äußern wolle, da er die entsprechenden Informationen vom Landkreis noch nicht erhalten habe. Patientenwunsch wird erfüllt wenn möglich Entscheidet die Rettungswagenbesatzung, welche Klinik angefahren wird, oder können die Patienten – sofern sie dazu in der Lage sind – Wünsche äußern, beispielsweise weil sie in Klinik A einfacher von Angehörigen besucht werden können als in Klinik B? „Man muss auf den Einzelfall schauen“, sagt dazu Klaus Speckmann, Leiter des Fachdienstes 32 Sicherheit und Ordnung des Landkreises. Im Gegensatz zum Krankentransport werde beim Rettungseinsatz in der Regel das nächstgelegene geeignete Krankenhaus angefahren.
Die Patienten könnten allerdings Wünsche äußern, und es werde auch versucht, diesen zu entsprechen. Aber das könne nicht immer gewährleistet werden: „Die Besatzung muss abwägen, ob es von der Strecke und der Zeit her gerechtfertigt ist.“
Zu berücksichtigen sei auch, ob das Wunschkrankenhaus die Patienten überhaupt aufnehmen kann, und das werde von der Besatzung abgeklärt. Dafür nutze der Landkreis seit etwa zweieinhalb Jahren IVENA, kurz für: Interdisziplinärer Versorgungsnachweis. Dieses in Hessen entwickelte System werde flächendeckend in der Region eingesetzt, und die Kliniken meldeten damit freie Betten. Anhand eines Ampelsystems lasse sich erkennen, ob für den jeweiligen Fall ein Bett zur Verfügung steht.
„Die Krankenhäuser, die Rettungsdienste und die Leitstellen sind damit sehr zufrieden“, so Klaus Speckmann. Damit müssten die Rettungswagen nicht mehr, wie früher, auf Verdacht in Richtung einer Klinik fahren und unterwegs abklären, ob der Patient aufgenommen werden kann, um dann schlimmstenfalls die Anfahrt abbrechen und eine andere Klinik ansteuern zu müssen. „Das hilft allen und reduziert die Fehlerquote extrem.“
Artikel erschienen in der Kreiszeitung am Dienstag, 11. August 2020, von Harald Bartels