Zentralklinikum soll nach Borwede - Twistringer Ortsteil hat bei Ranking um Standortvergabe die Nase vorn – Entscheidung am 22. Juni im Kreistag

Twistringen

Das geplante Zentralklinikum für den Landkreis Diepholz soll in Borwede entstehen. Der Twistringer Ortsteil ist in der Bewertung der insgesamt 16 eingereichten Standort-Bewerbungen mit 73,1 Prozent auf Platz eins gelandet. Direkt dahinter liegt die Stadt Twistringen auch noch mit einem zweiten eingereichten Grundstück in Mörsen, auf Platz drei landete Sulingen. Die finale Entscheidung für den Standort steht allerdings noch aus und soll am Montag, 22. Juni, im Kreistag getroffen werden.

"Alle acht Kommunen haben versucht, für den Landkreis den besten Standort zu suchen“, sagte Landrat Cord Bockhop am Montagabend, nachdem die Verwaltung die Kreistagsabgeordneten über das Ergebnis informiert hatte. Die Städte und Gemeinden hätten dabei ein hohes und auch emotionales Engagement gezeigt, entsprechend sei das Ergebnis nun natürlich auch bei einigen mit Enttäuschung verbunden. „Deswegen haben wir uns auch dazu entschieden, nur die ersten drei Plätze zu veröffentlichen“, erklärte Bockhop.

Insgesamt waren seit Anfang des Jahres 16 Grundstücksofferten beim Landkreis eingereicht worden. Neben Twistringen und Sulingen hatten auch die Kommunen Bassum, Syke, Schwaförden, Barnstorf, Kirchdorf und Rehden ihren Hut in den Ring geworfen. Eine der Bewerbungen war allerdings noch im Verlauf des Prozesses wieder zurückgezogen worden, sodass letztlich 15 Grundstücke in die Endbewertung durch die Firma Andree Consult einbezogen wurden. Dass so viele Bewerbungen eingegangen waren, war auch für das Planungsbüro ein Novum: „Wir haben hier ein ungeheuer großes Interesse, das haben wir bisher noch nie so erlebt“, berichtete Geschäftsführer Fred Andree, für den auch die Transparenz bei dem Verfahren wichtig war. Er zeigte sich auch beeindruckt von der Leidenschaft und Termintreue, die die Kommunen bei den Bewerbungen gezeigt hätten. Bei der Auswertung der einzelnen Bewerbungen wurden dann unter anderem Faktoren wie etwa die Erreichbarkeit, Mitarbeiter-Attraktivität oder auch der Preis mit einbezogen. Anhand einer Matrix wurde dann die Bewertung vorgenommen.

Großes Einzugsgebiet

Einer der entscheidendsten Faktoren für Borwede ist aber mit 21 Prozent das weite Einzugsgebiet gewesen: „Mit dem Standort können wir etwa drei Viertel der Einwohner im Landkreis innerhalb von 30 Minuten erreichen“, erklärte Uwe Lorenz, Geschäftsführer des Klinikverbunds Landkreis Diepholz. Auch alle drei jetzigen Klinik-Standorte in Bassum, Diepholz und Sulingen würden innerhalb dieses 30-Minuten-Radius liegen. Daher könne man auch viele der derzeitigen Patienten mitnehmen. Außerdem würde der Standort die Möglichkeit bieten, auch noch weitere Patienten in nicht unerheblichem Maße zu erreichen. „Diese große Ausprägung bietet nicht jeder der eingereichten Standorte“, sagte Uwe Lorenz. „Wir können sehr gut mit dem Ergebnis leben.“

Und auch Fred Andree machte deutlich, dass ein Ergebnis von knapp 73 Prozent schon gut ist. „Über 80 Prozent zu kommen, ist fast unmöglich“, sagte der Wirtschaftsingenieur. Oft sei es bei Verfahren auch der Fall, dass es gar kein Ergebnis über 70 Prozent gebe. „Wir dürfen auch bei unserem Landkreis nicht vergessen, dass wir keine große Stadt in der geographischen Mitte haben, in der alle wichtigen Einrichtungen sind“, sagte Bockhop. „Unser Landkreis ist eben anders. Daher müssen wir auch bei Standortfragen eigentlich immer Kompromisse eingehen.“

Rund 20 Millionen Euro hat der Landkreis bereits für die kommenden drei Jahre als Mittel für die weitere Planung vorgesehen. Insgesamt sind für das Großprojekt rund 200 Millionen Euro veranschlagt – wobei der Landkreis auf Fördermittel aus dem sogenannten Krankenhaus-Strukturfonds von Bund und Land hofft. Bei der geplanten Größe des Zentralklinikums orientieren sich die Verantwortlichen an der bestehenden Bettenanzahl, dann allerdings nicht mehr verteilt auf drei Standorte, sondern zentriert an einem. Insgesamt 340 Betten plus 30 zusätzliche Pädiatrie-Betten hat der Landkreis beim Land beantragt. Insbesondere von der geplanten Pädiatrie, also Kinderklinik, erhoffen sich die Verwaltungsoberen viel, weil dadurch auch die Geburtshilfe vor Ort für viele Patienten attraktiver wird. Neben Geburtshilfe soll der Schwerpunkt der neuen Klinik auch auf Schlaganfall-Patienten liegen.

Am Montag, 22. Juni, muss nun noch der Kreistag auf der Grundlage der Bewertung die Standortfrage entscheiden. Ob das Grundstück in Borwede, für das mit dem Eigentümer ein Vorvertrag gemacht worden ist, dann vom Landkreis selbst oder von einer der Gesellschaften des Klinikverbunds erworben werden sollte, wird derzeit noch geprüft. Das Ergebnis soll aber bis zur Kreistagssitzung vorliegen. Landrat Cord Bockhop geht davon aus, dass der Standort in der Sitzung auch mehrheitlich beschlossen wird. Denn auch wenn seitens der Kreistagsmitglieder am Montagabend auch teils kritische Nachfragen zu den Ergebnissen gestellt worden sind, sei dabei immer auch eine gewisse Sachlichkeit mit drin gewesen.

Für den Fall, dass mit dem Grundstück in Borwede doch nicht alles so laufen sollte, wie geplant, rückt dann Platz zwei nach. „Sollten sich Probleme in der Umsetzung der Verfahrensschritte ergeben, soll das Verfahren unter unverzüglicher Beteiligung des Kreistages für den nächstplatzierten Standort gemäß dem Bewertungsergebnis betrieben werden“, schreibt die Verwaltung in ihrer Vorlage.

 

Artikel erschienen im Syker Kurier am Mittwoch, den 10. Juni 2020, von Esther Nöggerath

Das grundstück in Borwede, das am besten abgeschnitten hat, liegt an der B51.