In der Heimat keine Heilung

OP für Mädchen aus Angola

Bassum

Bassum – Deodeth sitzt still in einem für sie viel zu großen Stuhl. Sie schaut in den Raum, ein helles Patientenzimmer in der Bassumer Klinik.

Bassum – Deodeth sitzt still in einem für sie viel zu großen Stuhl. Sie schaut in den Raum, ein helles Patientenzimmer in der Bassumer Klinik. Es wirkt, als würde sie dort warten. Vielleicht darauf, ihre Eltern oder ihre Geschwister wiederzusehen. Oder irgendjemanden, der ihre Sprache spricht. Sie versteht ein wenig Spanisch, ein paar Wörter auf Deutsch, um wirklich mit ihr zu kommunizieren, ist das nicht genug. Das Mädchen aus Angola ist fünf Jahre alt. Wenn man sie jedoch nach ihrem Alter fragt, antwortet sie „Quatro“. Das bedeutet vier auf Portugiesisch.

Ihr voller Name ist Deodeth Josefa Jamba Cardoso. Im Alter von zwei Jahren hat sie sich bei einem Feuer in ihrer Heimat schwere Verbrennungen an beiden Händen zugezogen. Fast all ihre Finger sind mit den Handinnenflächen verschmolzen, und weil es an der richtigen Behandlung mangelte so auch vernarbt. In ihrer Heimat konnte man ihr nicht helfen.

Es ist nicht klar, wie genau der Fall um das kleine Mädchen abgelaufen ist. Doch: „In der Regel gehen die Eltern mit ihren Kindern zu den Zentren der Friedensdörfer in den Ländern, wo entschieden werde, welche Kleinen am dringendsten Hilfe brauchen“, berichtet Dr. Massud Mamarvar, plastischer Chirurg am Klinikum in Bassum. Diejenigen fliegen nach Deutschland. „Die Friedensdörfer schreiben die Krankenhäuser an, um zu fragen, wer die Operation übernehmen kann“, erzählt er. Die Entscheidung hänge vom Spendenkonto ab, da es sehr aufwendige Eingriffe sein können. Es handele sich oft um Verletzungen, die sich in der Form in Deutschland gar nicht entwickeln, weil anders behandelt werde.

Die jungen Patienten kommen in der Regel aus Krisen- oder Kriegsgebieten. „Wir haben hier häufig Kinder aus Angola, Afghanistan und Usbekistan.“ Meistens sei jemand vor Ort, der mit ihnen kommunizieren könne, dann würden sie sich relativ schnell ein wenig öffnen. Bei der kleinen Deodeth, ist das bisher nicht so. Der Arzt, der zumindest Spanisch spricht, ist derzeit nicht da. Die Sprachbarriere ist ein Problem, zudem ist sie mit fünf Jahren eine besonders junge Patientin, so Mamarvar.

Wie das Mädchen sich ihre Verletzungen zugezogen hat, ist unklar. Sie selbst muss knapp zwei Jahre alt gewesen sein, weshalb sie sich vermutlich nicht erinnert. Auf die Frage, ob sie Schmerzen in den Händen hat, nickt sie schüchtern. Doch sie scheint zu begreifen, dass ihr geholfen wird.

Am Freitag hat Mamarvar ihre Hände operiert. Die Finger, die man kaum voneinander unterscheiden konnte, aus der Vernarbung gelöst, gestreckt, die Knochen mit Draht stabilisiert, die fehlende Haut aus der Leiste transplantiert. „Das hat so vier bis fünf Stunden gedauert“, erzählt der Arzt. Morgen wechselt er den Verband, dann werde man sehen, ob die Kleine noch bis zum Ziehen der Drähte in zwei Wochen in Bassum bleibt, oder die Zeit in Oberhausen überbrückt. Dort ist sie seit Mai zusammen mit anderen Kindern. Im November, so Mamarvar, nach einer Rehabilitationsphase, fliege sie zurück nach Angola zu ihrer Familie. Vermutlich mit zwei gesunden Händen.

Presseartikel erschienen in der Kreiszeitung am 31. Juli 2019, von Janna Silinger

Deodeth Josefa Jamba Cardoso wurde in Bassum operiert. Foto: Silinger