9000 Patienten und neuer Zertrümmerer - 60 Jahre Urologie im Diepholzer Krankenhaus - 1000 stationäre Behandlungen pro Jahr

Diepholz

Diepholz – Ein richtiges Jubiläum ist es nicht – aber eine lange Erfolgsgeschichte: Seit 60 Jahren besteht die Urologie an der Klinik Diepholz.

Die Abteilung hat heute ein Einzugsgebiet weit über den Landkreis Diepholz hinaus. Die fünf Fachärzte und das medizinische Personal versorgen pro Jahr 9000 Patienten ambulant. 1000 werden zur Behandlung von Krankheiten der harnbildenden und harnableitenden Organe sowie der Geschlechtsorgane des Mannes – so eine Definition der Urologie – stationär aufgenommen. 20 Betten stehen für diese Fachrichtung in der Klinik Diepholz zur Verfügung.
Die Anfänge der Abteilung 1961 waren klein und eher zufällig. Der Arzt Dr. Karl-Heinz Schmidt war aus Hamburg als Chirurg an das Diepholzer Krankenhaus gekommen. Doch da in dieser Abteilung kein Chefarztposten frei war, wurde er Chef der Urologie, die damals kurzfristig neu ins Leben gerufen wurde. Schmidt war dafür qualifiziert, da er nicht nur Chirurg, sondern auch Urologe und Gynäkologe war. „Den Facharzt für Urologie gab es damals noch nicht“, erklärt der heutige Chefarzt Dr. Bernd Rasper, der seit Ende 2021 auch das Amt des Ärztlichen Direktors für den Kliniverbund mit den drei Krankenhäusern Diepholz, Bassum und Sulingen hat.
Dr. Schmidt leitete die Diepholzer Urologie bis zu seinem Tod 1977. Für ein knappes Jahr übernahm dann der leitende Oberarzt Dr. Bijan Bayani kommissarisch die Leitung der Abteilung. Im Juli 1978 wurde Dr. Klaus Schulte Chefarzt und baute die Abteilung weiter aus. Er verstarb im November 2000. Monate zuvor hatte er bereits den Oberarzt Dr. Bernd Rasper als seinen Nachfolger designiert, der das Amt 2004 übernehmen sollte. Rasper wurde schon Ende 2000 Chef und ist es seit gut 21 Jahren. Mit einer kurzen Unterbrechung ist der 61-Jährige seit 1986 als Arzt in Diepholz tätig.
„Vor 30 Jahren betrug die Verweildauer von Patienten nach mittleren urologischen Eingriffen zwölf bis 14 Tage“, blickt Rasper auf seine Anfangszeiten zurück. Heute werden die Patienten schon nach wenigen Tagen entlassen – nach der Entfernung von Prostata oder einer Niere im Rahmen der Krebsbehandlung nach einer Woche. Der medizinische Fortschritt macht diese kurzen Krankenhausaufenthalte möglich. Andererseits drängen die Krankenkassen durch ihre Vergütungsregelung auf eine möglichst frühe Entlassung von Patienten, um Kosten zu sparen.
Das Team der Urologie behandelt und operiert in der Klinik Diepholz – und nutzt für eine Spezialtherapie von Prostatakrebs seit 2008 auch Räume, Personal und Gerät im St. Marienhospital in Vechta. Dort wendet Dr. Bernd Rasper die sogenannte „Brachytherapie“ an, bei der eine radioaktive Strahlenquelle nahe am oder in den Tumor eingebracht wird.
Die historische Grenze zum Landkreis Vechta spielt nicht nur für die Ärzte bei der Nutzung von teuren Geräten, sondern auch für Patienten keine Rolle mehr. So kommen viele Menschen zur urologischen Behandlung aus dem südoldenburgischen in die Klinik Diepholz – ebenso wie Erkrankte aus dem Kreis Minden-Lübbecke, aus dem Bereich Nienburg, aus Bruchhausen-Vilsen und aus dem Landkreis Verden, berichtete Chefarzt Dr. Jörg Busche, der seit 2001 im Team ist. Den gesamten südlichen Landkreis Diepholz deckt die Abteilung ohnehin ab. Für Fälle, die sehr spezieller medizinischer Behandlung bedürfen, hat das Diepholzer Urologieteam Kontakte zu großen Kliniken zum Beispiel in Oldenburg, Hannover und Münster.
Dass Ärzte so lange zusammenarbeiten wie die Urologen in Diepholz, ist in einer Klinik selten.So sehr diese langjährige Erfahrung der Urologen in Diepholz von Vorteil ist: Zumindest einige aus diesem Medizinerteam haben ein Alter erreicht, in dem der Ruhestand nicht mehr weit ist. Sowohl Dr. Bernd Rasper als auch Dr. Jörg Busche wollen noch drei Jahre im aktiven Berufsleben bleiben. Diese Zeit will der Klinikverbund nutzen, um qualifizierte Nachfolger zu finden, erklärte Ralph Ehring, Geschäftsführer des Klinikverbundes Landkreis Diepholz, im Gespräch mit unserer Zeitung. Es solle ein weicher Übergang mit Zeit zum Einarbeiten für die Nachfolger geben, in der sie auch die Erfahrungen und Kontakte der langjährigen Kollegen nutzen können.
Angesichts von Auslastung und Qualität der medizinischen Versorgung bezeichnete Ehring die Situation und Zukunft der Diepholzer Urologie als „rosig“.
Mit Blick auf die Zukunft hat der Klinikverbund auch 300.000 Euro in ein neues Gerät für die Urologie in Diepholz investiert: Ein hochmoderner „Zertrümmerer“, der Nieren- und Harnwegsteine mit Ultraschallwellen zerkleinert, damit der Patienten die Steine ausscheiden können. Dieser ersetzt seit einigen Wochen das alte Gerät zur Steinzertrümmerung – Fachbegriff „Extrakorporale Stoßwellenlithotripsie (ESWL). Es war 16 Jahre lang im Einsatz.

Fünf Ärzte mit Schwerpunkten
Alle fünf Mediziner der Abteilung sind Fachärzte für Urologie und haben viele Jahre Erfahrung. Jeder in dem Team hat sich einen Schwerpunktbereich erarbeitet. So ist Chefarzt Dr. Bernd Rasper für seine chirurgischen Behandlungen bekannt. Sein Chefarzt-Kollege Dr. Jörg Busche hat den Schwerpunkt Medikamentöse Tumortherapie. Auch bei den drei Oberärzten gibt es Schwerpunktbereiche: So hat sich Drs. (NL) Ulrich Hartmann auf die Behandlung von Harnwegsteinen spezialisiert. Dr. Ansgar Wagner hat  „urodynamische Diagnostik“ als Schwerpunkt. Damit lassen sich Ursachen für Blasenfunktionsstörungen wie Harninkontinenz oder Restharnbildung erkennen. Dieses Verfahren gibt es nur in wenigen Kliniken. Oberarzt Rasmus Rahle verstärkt seit Juni 2021 das Team der Diepholzer Urologie und hat viel Erfahrung aus einer Bielefelder Klinik – ein Haus der Maximalversorgung – mitgebracht. Alle fünf Fachärzte behandeln im Team alle Bereiche der Urologie, übernehmen auch gemeinsam die Visite der stationären Patienten. Zu der Abteilung der Klinik Diepholz gehören noch elf Mitarbeiterinnen in der Ambulanz und der Verwaltung sowie weitere Fachkräfte auf der Station. Vor elf Jahren hat die Urologie in der Klinik Diepholz ihre modernen großzügigen Räume bezogen. Zuvor war es im Erdgeschoss des Krankenhauses in der Urologie sehr beengt zugegangen.
 

Artikel erschienen in der Kreiszeitung am Montag, den 24. Januar 2022, von Eberhard Jansen

Am neuen gerät zur Zertrümmerung von Nieren- und Harnleitersteinen: Klinikverbund-Geschäftsführer Ralph Ehring (links) mit dem Team der Urologie Diepholz (von links) Chefarzt Dr. Bernd Rasper, Oberarzt Dr. Ansgar Wagner, Oberarzt Rasmus Rahle, Oberarzt Drs. (NL) Ulrich Hartmann und Chefarzt Dr. Jörg Busche. Foto: Jansen